Interview: Anvil
By Roger W.
„Ja, wir überleben“, antwortete mir Anvil-Gitarrist und Sänger Lips auf die Frage, ob sie denn nun von der Musik leben können. Denn dass sich das Kanadische Trio ohne Nebenjobs über Wasser halten kann, ist alles andere als selbstverständlich. 1978 in Toronto gegründet, eroberten Anvil zwischen 1981 und 1984 mit den Alben „Hard’n Heavy“, „Metal On Metal“ und „Forged In Fire“ die Metalwelt. Danach wurde es um die Band ruhiger und sie verschwand langsam von der Bildfläche. Ans Aufhören dachten die beiden Bandoberhäupter Lips und Schlagzeuger Robb Reiner allerdings nie. Bis 2007 wurden denn auch zehn weitere Alben veröffentlicht. Der Erfolg kam erst wieder zurück, als 2009 die Rockumentary „The Story Of Anvil“ die Herzen der Menschen eroberte. Die Ironie will, dass der Film exakt die Erfolglosigkeit der Kanadier zeigte. Zwei Jahre später haben Anvil nun mit „Juggernaut Of Justice“ ein bärenstarkes Album veröffentlich. Zeit also, den beiden sympathischen Bandhäuptlingen das Mikrofon unter die Nase zu halten.

MF: Wie ist es, die Bühne mit Saxon zu teilen?


Lips: Wir lieben es. Das ist absolut grossartig. Perfekt. Es ist toll, weil wir zu einer ähnlichen Zeit mit einer ähnlichen Musik angefangen haben. Wir haben sehr viele gemeinsame Wurzeln und Einflüsse. Das ist eine sehr gute Kombination. Wir lieben das. Und die Jungs sind sehr nett.

MF: Ja, das sind noch wahre Musiker.

Lips: Ja, richtige Musiker ohne Egos. Es ist mehr: „Komm, lass uns eine schöne Zeit zusammen haben, und den Leuten die Konzerte geben, welche sie mögen“. Um das geht es.

MF: Habt ihr bereits vorher eine Tour mit Saxon gespielt?

Lips: Ja, wir haben bereits eine Tour in Grossbritannien mit Saxon gespielt.

MF: Und in den frühen Tagen? In den 80ern?

Lips: Nein, nein. Aber…

Robb: …2009….

Lips: Ja, 2009.

MF: Also habt ihr in den 80er Jahren nie mit Saxon getourt?

Lips: In den frühen 80er Jahren haben wir ein paar Shows mit ihnen gespielt.

MF: Aber es gab keine Tourneen zusammen mit Saxon?

Lips: Nein. Aber das heute ist besser.

MF: Was ist für dich denn am wichtigsten, wenn du auf die Bühne gehst? Dass die Gitarre funktioniert?

Lips: Ich weiss nicht, wie ich das beantworten soll. Die Dinge die mich beschäftigen sind, dass wir uns gegenseitig hören können und wir tight spielen können. Wir sind uns gegenüber sehr kritisch, wenn es darum geht, das alles so perfekt wie nur möglich ist. Heutzutage ist es so, dass dich bei jeder Show jemand filmt. Und bevor du dich nach der Show wieder frisch gemacht hast, ist dieser Film bereits auf Youtube. Also musst du sicher gehen, dass alles gut ist. Dass wir gut spielen, uns gegenseitig hören können und wir die bestmögliche Show hinlegen können. Darum geht es.

MF: Das sich gegenseitig Hören ist aber nichts, was ihr jeden Abend habt? Wenn ich mit anderen Bands darüber spreche, erzählen die mir oft, dass sie sich meistens nicht richtig gegenseitig hören können…

Lips: Bei uns ist dieses Problem weniger gross, weil wir Soundchecks machen. Wir versuchen jedenfalls, immer vorher einen Soundcheck zu machen. Und wenn wir mal keine Möglichkeit dazu haben, gehe ich auf die Bühne, bevor wir anfangen zu spielen, um sicher zu sein, dass alles gut ist. Ich kontrolliere, dass die Mikrofone funktionieren, das Schlagzeug im Monitor erklingt. Man muss dabei eigentlich nur wissen, was man beachten und entsprechend kontrollieren muss. . Und nach all den Jahren, habe ich gelernt, auf was es drauf an kommt (lacht).

MF: Kommen wir zum neuen Album „Juggernaut of Justice“. Ich finde es klingt sehr, sehr gut. Ich liebe es.

Lips: Das neue Album ist grossartig.

MF: Es vereint verschiedene Stimmungen. Es hat langsame Lieder, schnelle Lieder…

Lips: Ja, es ist ein Anvil-Album. Alle Anvil-Alben haben das.

MF: Ich besitze euer Speed Of Sound-Album. Dieses ist im Vergleich zum neuen Album konsequent auf hohe Geschwindigkeiten getrimmt.

Robb: Ja, das war ein eher schnelles Album. Das ist eher die Ausnahme. Aber Anvil-Alben sind generell ziemlich abwechslungsreich. Also genau wie zum Beispiel „Metal On Metal“ ist.

MF: Um ehrlich zu sein, kenne ich bisher nur das neue und das „Speed Of Sound“-Album.

Robb: Du hast die alten Alben bisher nicht gehört?

MF: Nein. Aber ich denke, ich sollte.

Robb: Ja, schon. Denn die frühen Alben repräsentieren woher wir kommen.

Lips: Cool, das heisst, du wartest heute Abend nicht nur auf den Songs „Metal On Metal“. Aber das gleichnamige Album ist schon so unsere Wurzel.

Robb: Das sind unsere Wurzeln. Und es gehört zu unseren bekannten Alben.

MF: Seid ihr denn immer noch stolz auf diese Alben. Weil wenn ich von Anvil höre, habe ich das Gefühl, dass ihr nur auf die ersten drei Alben reduziert werdet.

Robb: Na, das sind alles Klassiker. Ich mag diese. Das sind grossartige Alben und sie repräsentieren in reiner Form alles, was Anvil ausmacht. Sie haben schnellen Lieder, stampfende Lieder, langsamere Stücke….

Lips: rasende Lieder….

Robb: Es hat alle Arten von Lieder darauf. Metal on Metal ist eine Blaupause für den Heavy Metal.

MF: Ich hörte davon.

Robb: Und es stimmt. Und „Juggernaut of Justice“ könnte ebenfalls einer werden.

MF: Das könnte sein. Es besitzt die dafür nötige Qualität.

Lips: Oh ja.

Robb: Wir hatten einen tollen Produzenten, der einen tollen Job gemacht hat. Er hat das Best-Mögliche rausgeholt. Und der Gesang auf Juggernaut ist einfach grossartig. Das ist der beste, den wir je aufgenommen haben.

MF: Ihr hattet für den Vorgänger „This Is Thirteen“ ebenfalls einen sehr bekannten Produzenten. Was waren die Unterschiede zwischen dem letzten und dem neuen?

Lips: Am meisten unterschieden sich eigentlich die Umstände, in denen wir alles geschrieben haben. Das ist es, was es anders machte. Als wir Juggernaut geschrieben haben, war der Film bereits draussen und mit der Band ging es gerade ziemlich aufwärts. Alles um uns herum war in einer sehr guten und glücklichen Verfassung. Das Schreiben in einem solchen Umfeld ist sehr erregend, voller Energie, Hoffnung, Lust, Liebe und aus lauten positiven Sachen. Das war der grosse Unterschied zwischen den beiden Alben. Es war toll und ich hoffe, dass wir das so künftig behalten können. Ich meine, auf eine ähnliche Weise kam auch „Metal On Metal“ zustande. Wir sehen da viele Parallelen. Wenn du schreibst und Sachen machst, dann …. Wenn du keinen Plattenvertrag hast und auch der Rest um dich herum nicht stimmt, und du die Sorgen darüber machst, hat das auch einen Effekt auf die Musik, die du aufnimmst. Aber als wir jetzt das Juggernaut und damals das Metal On Metal-Album gemacht haben, stimmte alles. Da hatten wir diese Sorgen nicht. Da waren wir mehr so: „Komm, lass uns Musik machen und die beste Zeit unseres Lebens leben!“ Da gab es nichts, was irgendetwas Negatives in unser Umfeld gebracht hat. Darum war es wirklich sehr positiv und gut. Und das ist jetzt auch so rausgekommen. Die Umstände bestimmen alles.

Robb: Es lag auch am Wechsel des Produzenten. Das war ein frischer Wechsel. Wir haben da mit einem neuen Typen gearbeitet. Es war sehr aufregend, dieses Album aufzunehmen. Und so kam es gut. Wir wollen eigentlich nur Musik machen. Es macht Spass.

MF: Wie viele Wochen habt ihr in Los Angeles aufgenommen?

Robb: Das waren sechs Wochen?

Lips: Ja, so um sechs Wochen.

Robb: Wir haben sechs Wochen lang aufgenommen.

MF: Hattet ihr denn Gelegenheit, die Stadt anzuschauen oder habt ihr nur am Album gearbeitet?

Lips: Wir hatten die Gelegenheit dazu.

Robb: G5 und ich waren etwa einen Monat da, während Lips geblieben ist und ein paar Sachen fertig gemacht hat.

MF: Das Juggernaut-Album ist das erste, welches ihr als Trio aufgenommen und geschrieben habt.

Lips: Das stimmt so eigentlich nicht.

Robb: „This Is Thirteen“ wurde ebenfalls zu dritt aufgenommen.

Lips: Eigentlich ist es so, dass wir alle unsere Backtracks, vom ersten Album an, als Trio aufgenommen haben. Die zweite Gitarre wurde immer als Overdub aufgenommen. Wir haben das nie zu viert im gleichen Raum aufgenommen.

MF: Nicht?

Lips: Nein. Weil man kann das nicht zu viert aufnehmen. Es ist dann nicht tight. Zwei Gitarren, die zusammen mit dem Schlagzeug spielen, gehen immer daneben. Man muss es auf eine Formel runter brechen: „Ein Typ gegen das Schlagzeug“.

MF: Gegen das Schlagzeug?

Lips: Ja. Eine Gitarre und ein Schlagzeug. Ein Instrument muss mit dem Schlagzeug tight sein. Ob es jetzt der Bass oder die Gitarre ist, spielt dabei keine Rolle. Ein anderes Instrument muss sehr tight mit dem Schlagzeug sein. Und alles andere muss sich danach richten. Also haben wir das so aufgenommen. Man kann nicht zu viele Personen aufnehmen und dann erwarten, dass es so thigt ist. Weil es so nicht funktioniert.

Robb: Es wirkt sonst unsauber oder chaotisch. Man kriegt sonst einen komischen Sound.

Lips: Man kann es nur so aufnehmen. Man muss es als Trio aufnehmen. Wenn eine andere Gitarre noch dazu spielt, ist es schwierig, deine eigene noch raus zuhören. Meine Gitarre muss tight gegen das Schlagzeug spielen. Du musst dich klar hören können, damit du es gut aufnehmen kannst. Also höre ich mich dann nur zusammen mit dem Schlagzeug. Ich brauche nicht… Sogar bei den Headphone-Abmischungen. Wenn G5 spielt, ist bei seinem Mix der Bass und das Schlagzeug sehr laut. Und bei meinem Mix, ist meine Gitarre und das Schlagzeug sehr laut. Ich habe den Bass nicht allzu laut in meinen Headphones eingestellt, weil ich dann das Schlagzeug nicht mehr so gut hören könnte. Und das ist dasselbe mit einer zweiten Gitarre. Wieso sollten wir einen zweiten Gitarristen haben. Das macht es nur schwerer, das Schlagzeug zu hören. Es ist also so viel besser. Wir haben all unsere Alben als Trio aufgenommen.

MF: Wie funktioniert denn das Songwriting. Schreibt ihr im Bandraum alle zusammen?

Lips: Ja, wir kommen zusammen und fangen an zu arbeiten. Wir spielen, machen Musik.

Robb: Ja, im Übungsraum. Lips zeigt eine Idee und wir probieren es aus.

MF: Ihr jamt und schaut was dabei rauskommt?

Lips: Ja. Ab und zu komme ich mit einem coolen Riff für einen Chorus und schlussendlich wird daraus der Vers oder wir verwenden den Vers für den Chorus. Aber wir entscheiden, in dem wir ausprobieren. „Oh, nein, so geht es besser.“ Wir hören uns die Sachen an, spielen. Ich komme mit einer Idee und Frage: „Was denkt ihr?“ Und alle helfen sich gegenseitig. „Lass uns da was verändern und da was anfügen.“ Wir experimentieren und arbeiten die Sachen aus. Aber generell geht es darum, einfach zusammen eine gute Zeit zu haben und etwas zu tun, was uns Spass macht.

MF: Euer Label SPV wird drei eurer frühen Alben wiederveröffentlichen. Es sind “Stange Of Steel”. „Pound To Pound“ und „Worth Of Weight“.

Robb: Ja, und ich möchte die LP davon.

MF: Du möchtest die Vinyl davon?

Robb: Ja, ich möchte sie die Vinyl von „Worth of Weight“.

MF: Die Alben kommen also auch auf Vinyl raus?

Robb: Ja. Die lassen sie produzieren.

MF: Was bedeutet es für euch, dass SPV diese Alben wiederveröffentlichen will?

Lips: Das ist grossartig.

Robb: Sie werden alle unsere Platten wiederveröffentlichen. Übers nächste Jahr. Alle drei Monate werden sie drei alte Alben wieder veröffentlichen. Die werden den ganzen Backkatalog neu rausbringen. Mit Ausnahme der ersten drei Alben.

MF: Die Rechte dafür gehören also jemand anderem?

Robb: Nun, wir verfügen nicht über die ersten Alben, aber wir möchten ermöglichen, dass alle Leute diese Alben auch haben können.

Lips: Diese frühen Alben haben wir alle auf Independent-Labels rausgebracht. Die haben dann nur eine bestimmte Menge pressen lassen. Die gibt es heute alle nicht mehr. Es ist darum schwierig, diese Alben zu bekommen. Man muss bei Ebay schauen oder bei Amazon. Und man zahlt zum Teil sehr viel Geld für diese Alben (in der Schweiz sind diese ganz regulär erhältlich. Z.B. bei cede.ch).

Robb: Aber das geht gut. Die ganze Sache wird von Tag zu Tag grösser. Wir bekommen mehr zu tun, spielen an mehr und mehr Orten. Neue Leute entdecken uns. Und darum tun wir das auch.

MF: Das ist cool für euch.

Lips: Absolut. Es könnte nicht besser laufen.

Robb: Es macht unser Leben viel einfacher.

MF: Könnt ihr denn sagen, dass SPV das Label ist, nach dem ihr immer gesucht habt?

Lips: Ja, das könnte man so sagen. Wir hätten es gemocht, bei SPV schon früher zu sein, aber das waren wir nicht. Aber das sind wir heute, und das ist gut so. Keine Bitterkeit, nur gut Stimmung. Alles ist gut.

Robb: Wir sind einfach glücklich, dass wir spielen können. Das ist es, was Anvil am glücklichsten macht. Wenn wir mit den Fans rocken dürfen.

MF: Kommen wir zu etwas anderem: Zur Schweiz. Könnt ihr euch an euren ersten Auftritt hier erinnern?

Lips: In der Schweiz?

Robb: War das in Pratteln im Z7?

Lips: Nein, das war nicht in Pratteln. Das war noch bevor G5 in die Band gekommen ist. Wir hatten damals Sebastian Marion (Gitarrist von 1989 bis 1995) dabei. Das war das erste Mal, dass wir in der Schweiz gespielt haben. Das war auf einer Tour, welche wir mit einer Band Namens Titan Force 1993 gemacht haben. Deren Sänger war derjenige von Jag Panzer. Wir waren da als Vorband dabei. Was passiert ist, weil die Band Riot von New York abgesagt haben. Also hat der Promoter uns gefragt sie zu ersetzen. Und das taten wir und gingen auf Tour. Ich weiss nicht mehr, wo in der Schweiz wir damals genau gespielt haben, aber ich weiss dass es ein rundes Haus war. Das ist alles, woran ich mich erinnern kann. Es ist lange her. 1993.

Robb: Ich erinnere mich.

Lips: Ja, und Utah war da.

MF: War es in einer Art Stadium?

Lips: Nein. Es war in einem Club, aber einem runden. Das war das erste Mal, dass wir hier gespielt hatten. Und dann ging es bis Ende der 90er Jahren, als wir zusammen mit Overkill in Pratteln gespielt haben. Wir haben bisher zweimal dort gespielt.

Robb: Das ist ein grosser Ort.

MF: Ja.

Lips: Nein. Wir waren dort dreimal. Einmal mit Overkill, einmal mit Flotsam & Jetsam. Und das war es. Richtig?

Robb: Ja.

Lips: Dann waren es doch zweimal.

MF: Das Z7 ist für die Schweizer Metalszene sehr wichtig.

Robb: Und dieses Jahr haben wir im Juni oder Juli bereits einmal hier in Luzern gespielt. Mit der Dio-Band.

MF: Kennt ihr ein typisches Schweizer Gericht?

Robb: Schokolade.

Lips: (lacht) Schokolade! Schweizer Hackfleisch.

Robb: Käse.

Lips: (auf Deutsch) Schweizer Käse!

Robb: Wir hatten bisher nie typisches Schweizer-Essen.

Lips: Also Käse und Schokolade.

MF: Kennt ihr etwas, was hier ähnlich ist wie bei euch in Kanada?

Robb: Ja, die Berge.

Lips: Die Berge sind ähnlich wie bei uns an der Westküste.

MF: Und wir haben ebenfalls einen französischsprachigen Landesteil wie in Kanada.

Lips: Ja, das habt ihr auch. Und ihr habt auch einen italienischsprachigen Teil. Stimmt das?

MF: Ja.

Robb: Wir kümmern uns nicht sehr um den französischen Teil in Kanada.

Lips: Ja, die leben getrennt von uns.

MF: Aber ihr musstet ebenfalls in der Schule Französisch lernen?

Lips: Unglücklicherweise ja. Aber die haben uns nicht besonders gut unterrichtet.

Robb: Ich habe da nichts gelernt.

Lips: Die haben viel zu spät damit angefangen. Zudem Zeitpunkt, als die angefangen haben, konnte man gar nichts mehr lernen. Das war Zeitverschwendung.

Robb: Und es interessiert auch keinen.

Lips: Ja, das tut es. Aber die haben heute gewisse Schulstunden, wo sie dich in Französisch unterrichten. Und so kann man dann zwei Sprachen sprechen.

MF: Kennt ihr eine Schweizer Metalband?

Robb: Eine Schweizer Metalband? Gotthard. Krokus.

Lips: Hokus Pokus by Focus.

Robb: Ah, nein, das sind Holländer.

Lips: Das ist eine holländische Band?

Robb: Ich meinte auch Krokus.

Lips: Ah, Krokus.

MF: Kommen wir wieder zurück zu Anvil. Im Bonus-Teil zu eurem Film gibt es ein Interview mit Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich, wo er erzählt, dass er euch bisher noch nie angetroffen hat.

Lips: Ich denke, er erinnert sich einfach nicht mehr daran.

Robb: Er hat uns gestern angerufen.

Lips: Wir haben Lars 1983 getroffen. Aber er erinnert sich wahrscheinlich nicht mehr daran. Ich war ein wenig enttäuscht darüber, aber das ist okay. Wir haben ihn bei einem guten Freund von uns in New Jersey getroffen. Das war, als Metallica von San Francisco nach New Jersey kamen und bei Freunden waren. Wir kamen da runter und haben ein Konzert gespielt. Und die lebten da. Es war, nach dem Dave Mustaine aus der Band geflogen war. Da gab es nur diese drei Jungs. Da waren wir dort. Cliff, James und Lars lebten damals in diesem Haus. Wir hatten damals gerade das Forged In Fire-Album aufgenommen und haben es zusammen angehört. Und sie haben es geliebt.

MF: Ihr habt das zusammen mit Lars Ulrich und den anderen angehört?

Lips: Ja. Und ich habe mir dafür „Kill `em all“ angehört. Das war das erste Mal, dass ich „Kill `em all“ gehört hatte. Es war einer unserer Freunde. Johny Zazula, der mit der Band involviert war. Alte Freunde und viele Zufälle damals.

MF: Das spielte sich ja auch alles innerhalb dieser Metal-Szene in den frühen 80er Jahren ab.

Lips: Ja.

MF: Ich habe gehört, dass ihr nun nach dem Film von der Musik leben könnt.

Lips: Ja, das stimmt. Wir müssen keine regulären Jobs mehr nachgehen.

Robb: Ja, zum Glück. Wir können jetzt davon überleben.

Lips: Ja, wir überleben.

MF: Überlebt ihr denn von der Musik oder könnt ihr gut davon leben?

Robb: Ich habe mein Haus, ich habe zu Essen, ich trage schöne Kleider, ich bin immer noch gesund, es läuft also gut.

MF: Es ist also jetzt kein schlechtes Leben?

Robb: Nein. Es ist toll. Und es geht stetig weiter bergauf. Solange wir weiter rocken können, geht es immer gut. Wir nehmen alles so, wie es gerade kommt. Weil ich rocken möchte! Wenn ich dabei Geld verdiene, ist das okay. Aber das ist nicht der Grund, wieso ich hier bin. Ich bin hier, weil ich die Chance erhalten habe, hier zu rocken.

MF: Und heute seid ihr in der Lage, immer zu rocken?

Lips: Ja, das stimmt. Es geht darum, den Traum zu leben.

Robb: Ja, und ich danke Gott dafür. Unser Manager hält uns beschäftigt. Wir sind glücklich damit.

Lips: Nach dieser Tour werden wir vier Woche Pause haben und danach wieder auf Tour sein. Wir sind nun seit sechs Wochen unterwegs. Wir hatten dazwischen mal eine Woche Pause. Wenn wir fertig sind, werden wir neun Wochen unterwegs gewesen sein. Danach werden wir einen Monat Pause haben und dann nochmals vier Wochen unterwegs sein. Danach werden wir durch Südamerika touren.

Robb: Und im Sommer werden wir wieder hier sein.

Lips: Da werden wir auf all den Festivals spielen. Es gibt viel zu tun. Anvil ist momentan eine hart arbeitende Band.

MF: Stimmt es, dass ihr vom Film „The Story Of Anvil“ eine Fortsetzung plant?

Robb: Wir arbeiten daran. Es gibt momentan viele Gespräche darüber.

Lips: Wir treffen momentan die Vorbereitungen, um mit dem Filmen anfangen zu können. Er wird kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Man muss sich noch gedulden.

Robb: Es wird ein anderer Film als der erste werden. Es wird wieder ziemlich verrückt, aber anders.

Lips: Er wird so, wie er auch immer werden wird. Aber er wird nicht gleich wie der erste sein.

MF: Er wird aber wieder über euch sein?

Lips: Wahrscheinlich ein wenig anders.

Robb: Die haben zwar nicht das Skript gewechselt, aber den Ansatz, den sie verfilmen wollten. Die wollen uns ans Friedens-Konzert in Israel folgen. Das möchten wir tun.

Lips: Wir werden sehen, was dann geschieht. Wir versuchen jetzt auszuschälen, aus welcher Perspektive wir mit dem Film anfangen möchten.

Robb: Wir haben im ersten Film gezeigt, was mit Anvil geschehen ist.

Lips: Wir werden sehen, was kommt. Ich weiss es nicht. Wir reden momentan darüber. Aber es ist schwierig zu sagen, was die Zukunft bringen wird. Wir wissen es nicht. Es ist ein wenig ähnlich wie damals, als wir den ersten Film angepackt haben. Wir wissen es nicht. Das war so: „Oh, ihr nehmt ein neues Album auf? Vielleicht sollten wir das filmen.“ Wir wussten damals auch nicht, dass wir für die Aufnahmen nach England gehen würden. Aber wir taten es. Und die sind uns gefolgt. Wir werden also sehen, was noch passieren wird.

MF: Wir sind am Ende des Interviews. Gibt es etwas, was ihr euren Fans noch mitteilen möchtet?

Lips: (überlegt länger) Es ist alles für die Fans. Alles was wir tun, ist für die Fans. Wir leben um vor Leuten zu spielen.

Robb: Wir kümmern uns um unsere Fans. Es gibt heute viele Rockbands, die sich nicht mehr um die Fans scheren. Die nehmen ein wenig Drogen, und schauen nach dem Konzert Fussball. Die Fans sind ihnen egal. Wir mögen dieses Verhalten aber nicht. Wir möchten unsere Fans treffen. Nach unseren Konzerten gehen wir raus zu ihnen, schütteln Hände, geben Autogramme und machen Bilder mit ihnen. Wie letzthin in Italien. Das waren alles Verrückte und hatten alle Freude. Die Leute mögen das. Wir sind berührbar.

Lips: Ja, nach Saxon werden wir an der Bar sitzen, rumhänge und Leute treffen. Die können es nicht glauben, dass du da sitzt. Klar machen wir das. „Kann ich mit euch ein Foto machen?“ „Ja.“ „Was?!“ (lacht)

Robb: Wir kümmern uns um unsere Fans.

Lips: Ja, das tun wir. Die Fans sind der Grund, wieso wir hier sind.

MF: Es gibt bei euch also keine Arroganz?

Lips: Nein, überhaupt nicht.

MF: Ich durte feststellen, dass vor allem amerikanische Bands arrogant sind.

Robb: Das sind meistens auch ziemlich unglückliche Leute. Daher kommt das.

MF: Dagegen sind Bands aus Europa oft offener zu ihren Fans.

Robb: Ja, amerikanische Bands haben sehr viele Starallüren. Aber das ist eine andere Geschichte (lacht).

Lips: Das liegt an der Mentalität. Das muss mit dem Grund zu tun haben, wieso du es tust, wieso du Musik spielst. Und wenn dein Grund dafür nur darin liegt, viel Geld zu verdienen, ist das nicht unser Ding. Diese Mentalität ist aber einer der Stützpfeiler von Amerika. Der fundamentale Aspekt in Amerika ist es, das grosse Geld zu machen. Wenn die einer Band beitreten und diese Band dann nicht oder nur wenig Geld verdient, dann treten sie wieder aus und gehen zur nächsten Band. Die jagen nur dem Geld nach.

Robb: Und sobald sie es gefunden haben und ihre ihrem Gehaltscheck in den Händen halten, fangen sie an, Drogen zu nehmen und sich selbst zu töten. Am Ende stehen sie wieder mit nichts da.

MF: Aber wie gross ist die Chance überhaupt, als Metal-Band Geld zu verdienen?

Lips: Sehr, sehr klein. Und darum kann der Grund, diese Musik überhaupt zu spielen, nur sein, weil du sie liebst. Weil wenn du es nur machst, weil du damit viel Geld verdienen willst, dann spielst du die (betont es) falsche Musik. Denn dann sollte man Country oder Western spielen.

Robb: Das Ganze mit der Rockmusik ist heute schwierig. Man kann vielleicht davon leben. Aber es ist schwierig heute noch die breite Masse zu erreichen. Aber die Rockmusik lebt immer noch. Sie lebt noch! Es ist zwar eher ein Zigeunerleben mit ein wenig Klasse. Das tun wir. Ein reines Zigeunerleben wäre ohne Klasse. Aber da wir ein wenig Geld verdienen, hat es ein wenig Klasse. Um Millionär zu werden, müsstet du einen grossen Radiohit schreiben. Aber wir wollen das nicht. Wir spielen einfach lieber unsere Musik vor ein paar Leuten. Metalbands müssen live spielen. Nur so kann man bekannt und erfolgreich werden.