Interview: Anthrax

By Tinu
 
Jeder ist ein König.



Anthrax sind wieder da wo sie hingehören! Eine Thrash Metal Band ganz oben an der Spitze. Ob dies alles an Sänger Joey Belladonna liegt, ist Spekulation. Keine Spekulation ist das neue Album «For All Kings», welches die besten Merkmale der US-Boys vereint, welche in den letzten dreissig Jahren die Mosh-Könige dermassen erfolgreich machten. Bassist Frank Bello sass mir vor dem Konzert am Sonisphere-Festival gegenüber. Draussen pisste es wie aus Kübeln, dafür hellte der Basser mit seinem sonnigen Gemüt den Raum auf. So, als ob man einen alten Freund nach Jahren wieder sieht und einer, der mit seinen Händen stark gestikuliert und mir dabei immer wieder freundschaftlich auf die Schulter klopfte…

MF: Gratulation zum neuen Album…

Frank: …herzlichen Dank…

MF: …wo siehst du die Unterschiede zwischen «Worship Music» und «For All Kings»?

Frank: Wir haben momentan eine verdammt gute Zeit beim Schreiben neuer Songs und Ideen. Es fühlt sich gut an, in dieser Truppe etwas Neues zu kreieren. Logisch ist es ein Kompliment, wenn die Leute sagen, dass «For All Kings» unser bestes Album sei. Ich denke, dass es unser neues Album mit unserer besten Musik ist (grinst). Wir versuchen immer die beste Musik zu komponieren. Im Moment fällt uns dies sehr leicht und es läuft für uns wirklich gut. Schlussendlich sind wir noch immer Fans unserer Musik. Gefällt den Fans was wir machen… Schau, wir versuchen bei jedem Konzert mit den Leuten zu verschmelzen, eins zu werden. Das ist verdammt wichtig.

MF: Von welchen Königen handelt das neue Album?

Frank: Jeder von uns kann ein König sein. Persönlich denke ich, dass jeder der König seines eigenen Königreichs sei kann. Dabei kannst du alle Reaktionen geniessen und auch positiv beeinflussen. Du kannst dein Leben kontrollieren. Jeder kann dies selber in die Hände nehmen.

MF: Seht ihr euch selber als Könige des Metals?

Frank: Ich kann dir sagen, dass wir sehr froh und demütig sind, dass wir nach all den Jahren noch immer mit Anthrax unterwegs sind. Wir haben eine sehr grosse Fan-Basis, die uns nach dreissig Jahren noch immer ermöglicht auf die Bühne zu gehen und neue Lieder einzuspielen. Das Schöne dabei ist, dass immer wieder neue und junge Fans dazukommen. Das ist eine tolle Erfahrung, dies erleben zu können und noch immer von der Musik zu leben. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich möchte die Leute unterhalten und ihnen ihre Probleme für eine gewisse Zeit wegnehmen. Das sollte das Wichtigste in der Musik sein. Darum bin ich noch immer sehr glücklich mit Anthrax unterwegs zu sein und will weiterhin diesen Weg gehen und das Bestmöglichste geben.

MF: Wenn du zurück schaust, gab es jemals eine Krise bei Anthrax?

Frank: Jeder Tag ist eine Krise (lautes Lachen)! Aber hey, wenn ich mir die Band anschaue… Wir sind wie eine Familie. Ich sehe die Band mehr als meine Familie, als meine eigene Familie (lacht)…

MF: …du hast kein Zuhause?

Frank: Das ist mein Zuhause (lacht). Hier und jetzt bin ich mit dir zu Hause. Mein zweites Zuhause. Krisen finden stetig im Leben statt. Wir sind ständig auf Tour und Krisen begleiten uns. Krisen und Scheisse passieren. Das ist das Leben und gehört zum Leben. Die Band ist unser Leben, die Frage ist nur, wie du mit den Krisen umgehst. Das ist die wahre Magie dabei. Wir sind dankbar dafür, dass wir einige Krisen überstanden haben und noch immer hier sind. Dass zeichnet zugleich eine Band oder eine Familie aus.

MF: Das Leben braucht auch Krisen…

Frank: …genau, um zu realisieren wie grossartige die andere Seite ist. Schau nur, heute pisst es den ganzen Tag. Zu realisieren, wie grossartig das Leben sein kann, muss nur die Sonne scheinen (lacht). Das ist eine gute Metapher (lacht). Die Somme vertreibt den Regen und alle fühlen sich verdammt gut! Du realisierst, wie sehr wir die Sonne vermissten.

MF: Wie hast du damals die Lineup-Wechsel mit den Anthrax-Sängern erlebt? Von Joey Belladonna zu John Bush, dann zu Dan Nelson und schlussendlich wieder zurück zu Joey.

Frank: Auch hier denke ich, dass dies ein Teil des Lebens ist. Gewisse Dinge müssen passieren. Persönlich mag ich die Wechsel innerhalb einer Band überhaupt nicht, keiner mag das. Anthrax sind Anthrax, und auch diesen Sturm überlebten wir. Wir sind heute stärker denn je. Es fühlt sich alles sehr tight an. Wir sind bereit für den nächsten Level, dabei haben wir keine Ahnung wie der aussehen wird (grinst). Wir haben viel Spass zusammen und es fühlt sich vollkommen richtig an.

MF: Wie siehst du heute «Persistence Of Time», ein Werk, das in meinen Augen dunkler und negativer als seine Vorgänger ausfiel?

Frank: Absolut. «Persistence Of Time»… Ich liebe dieses Album. Jedes Album ist wie ein kleines Kind von dir, du kannst nicht sagen, welches dir besser gefällt. Jedes Album reflektiert einen bestimmten Moment in deinem Leben und du kannst beim Komponieren nie sagen, wohin der Weg führt. Es stimmt, dass es ein dunkleres Werk geworden ist, hört man sich die Songs und die Texte an. Schlussendlich ist es «the road of reasons» wieso das Werk so klingt. Dinge passieren in deinem Leben und es gibt nichts Einfacheres, als dies bewusst oder unbewusst in Töne zu verwandeln. Erst mit dem Alter bemerkt man, was geschaffen wurde. Vielleicht war dies die dunkelste Phase in unserem Leben. Jedes Album erzählt eine weitere Geschichte aus deinem Leben…

MF: …wie ein Puzzle…

Frank: …genau, es ist das Puzzle von Anthrax. Damals brannten auch unser Studio und der Proberaum ab. Es war der schlimmste Anruf, den ich je in meinem Leben erhielt. Haltet euch fern von diesem Raum, er brennt lichterloh. Viele Dinge, die wir liebten, verloren wir in kürzester Zeit. Aber nochmals, auch dies war eine Krise. Eine, aus der wir uns erhoben und weiter gingen.

MF: Wie wichtig waren damals die Crossover-Einflüsse für euch?

Frank: Weisst du, Musik ist eine Hure (grinst). Verstehst du, was ich meine? Entweder man liebt es oder nicht. Crossover… Metal mit Rap zu verbinden war etwas ganz Neues. Niemand vor uns wagte sich dies zu machen. Die einen mögen es und die anderen wenden sich ab. Das ist im Leben immer so. Dinge nehmen Fahrt auf, ohne dass man gross etwas dazu beiträgt. Ich will meine Musik ganz natürlich geniessen. Alles was von uns veröffentlicht wird, muss mir gefallen. Die Leute verstanden, dass Anthrax etwas Ehrliches ist. Alles was unter dem Namen Anthrax veröffentlicht wird, ist ehrlich und keine Fälschung. Der Titel war die B-Seite einer Single und alle Leute hörten sich plötzlich nur noch diesen Song an. Es hat sich alles natürlich entwickelt. Ich bin glücklich mit diesem Track und es ist ein Teil der Anthrax-Geschichte. Schau es als Hype an, aber der Song gehört zu uns.

MF: Wie schwer waren für euch die 90er-Jahre?

Frank: Du meinst wegen dem Grunge? Das war damals die ganz neue Plattform. Aber, es gab da eine Band, welche die Fahne des Metals hoch gehalten hat und das waren Pantera. Wir waren uns sehr nahe und haben viele Konzerte zusammen gespielt. Der Grunge war eine harte Zeit für den Metal-Bereich. Grunge war dermassen gross in Amerika und hat alles verdrängt. Schau, am Ende des Tages und des Sturms, wo steht der Metal heute wieder? Eben (grinst). Die Metal-Fans sterben langsam (lacht). Dafür danken wir Gott. Viele haben uns über all die Jahre treu begleitet und heute steht eine neue Generation bereit, die uns ebenso toll findet wie unsere langjährigen Begleiter. Zusammen ergibt dies eine ganz grosse Masse. Hey, wir hatten eine Top Ten Platte! «For All Kings» ist somit der beste Beweis, dass Metal noch immer «alive and well» ist!

MF: Wenn du auf die Bühne gehst, woher nimmst du all die Energie für diese arschtretende Bühnenaction?

Frank: Zuerst, herzlichen Dank für dieses tolle Kompliment! Es sind die Musik und die Fans. Ich will nicht auf die Bühne gehen und dabei nicht 110% geben. Die Fans haben genau das verdient. Ich will weder die Fans noch mich bescheissen, sondern mit allen eine gute Zeit haben und mich mit ihnen verbunden fühlen.

MF: Was war für dich in der Vergangenheit wichtig und was ist es heute?

Frank: Die Musik. Nichts geht über die Musik. Alles zu geben auf der Bühne und im Studio. Immer diese 110% zu geben, ist verdammt wichtig. Gib immer dein Bestes, für alles andere gibt es keine Entschuldigung.

MF: Besten Dank für das Interview…

Frank: …ich danke dir für die tollen und interessanten Fragen!

MF: Und alles Gute für die Zukunft.

Frank: Das wünsche ich dir auch mein Freund! Du hast die richtige Jacke für heute an (lautes Lachen)